Mittelstandsvereinigung informiert Mitglieder
steb Bissendorf. Wie können Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen? Welche beruflichen Ziele haben sie? Was erwarten Unternehmer von ihnen? Darüber informierte jetzt im Technologie Centrum Bissendorf die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, kurz MIT genannt.
Für die MIT ist die Sache klar: Damit Integration gelinge, bietet sich für Flüchtlingen die Arbeitsaufnahme an, zitierte der MIT-Kreisvorsitzende Dieter Keck die Position seiner Organisation. Wie in Deutschland üblich, solle der Berufseinstieg über eine betriebliche Ausbildung erfolgen.
Doch wie viele Flüchtlinge kennen staatliche Arbeitsvermittlungsbehörden überhaupt? „Es ist derzeit enorm schwierig, belastbares Daten- und Zahlenmaterial zu bekommen“, bekannte Christiane Fern. Immerhin: Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Osnabrück konnte die Zahl von 8134 gemeldeten erwerbsfähige Ausländer im Agenturbezirk nennen. Internen Befragungen auf Bundesebene aus den Vorjahren zufolge bringen 80 Prozent keinen mit deutschen Maßstäben vergleichbaren Ausbildungsabschluss mit, sagte Fern. Gut jeder achte Befragte zwischen 25 und 65 Jahren sei nicht qualifizierbar. Die Untersuchungen belegten, dass es geschätzt fünf bis zehn Jahre dauere, bis die Menschen beruflich integriert wären. „Wir müssen uns vor allen Dingen von dem Gedanken verabschieden, dass wir den Fachkräftebedarf mit Flüchtlingen vollständig decken können“, meinte Fern.
Manche Migranten seien auch nicht gewillt, die Sprache mühsam zu lernen und danach noch eine dreijährige Ausbildung anzutreten. „Sie suchen in erster Linie Jobs, weil sie teilweise Schulden bei Schleusern abdecken müssen oder Geld an ihre Familien schicken“, so Fern.
Sprachkurse notwendig
Aus der Praxis berichtete Bastian Wessel-Ellermann, zuständig für Personal bei DPD Geo Post Deutschland. Vielfach rekrutiere sich das Personal (Ausländeranteil: über 70 Prozent) im Paketumschlag aus Werbung von Mund zu Mund. Aktuell beschäftige man sechs Flüchtlinge, ab Februar starteten am Standort Melle acht weitere Migranten. Auch wenn es nur um das Bewegen von Paketen geht, ist die Tätigkeit doch erklärungsbedürftig, sagte Wessel-Ellermann. Seit vergangenem Jahr gebe es daher einen wöchentlichen Sprachkurs, für den das Unternehmen am Standort gut 15 000 Euro im Jahr bezahle. Wegen der betrieblichen Expansionspläne lege DPD derzeit ein Programm auf, das jedem Mitarbeiter 1000 Euro zahlt, wenn er einen neuen Kollegen für die Firma gewinnt, kündigte Wessel-Ellermann an.
Bauleiterin Franziska Kathe vom Holzbauunternehmen Kathe aus Vechta stellte einen 31-jährigen Afghanen vor, der seit einem halben Jahr zum Zimmermann ausgebildet werde. In Kontakt sei man zu dem in seiner Heimat als Polizist ausgebildeten Mann über die örtliche Caritas gekommen. „Sprechen Sie mit denjenigen, die Flüchtlinge kennen. Denn die wissen, was sie können, wollen und zu was sie fähig sind“, riet Kathe den rund 40 Teilnehmern. Der afghanische Azubi brauche natürlich mehr Unterstützung, etwa in Deutsch und Mathe. Vieles leiste man in der Firma, andere Hilfen müssten von der Arbeitsagentur und den Handwerkskammern eingefordert werden.
Sabine Ostendorf (Maßarbeit) kündigte an, dass aktuell 1200 Flüchtlinge im Landkreis untergebracht seien. Für dieses Jahr beliefen sich die internen Schätzungen auf 4000 zusätzliche Menschen, die in der Region aufzunehmen sind, sagte Ostendorf.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung: 26.02.2016 (Bersenbrücker Kreisblatt), Seite 9
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